Die Turngemeinde Hochheim am Main 1845 e.V. im Wandel der Zeit
Der Verein
Die Turngemeinde Hochheim am Main 1845 e.V. ist ein moderner Mehrsparten-Sportverein mit ca. 1700 Mitglieder in 11 Abteilungen und damit mit Abstand der größte Verein Hochheims.
Kursangebote treten zunehmend neben das traditionelle Training, das an die Mitgliedschaft im Verein gebunden ist. Ein besonderer Schwerpunkt liegt weiterhin in der Kinder- und Jugendarbeit, die in fast allen Abteilungen einen großen zeitlichen Rahmen einnimmt.
Seit 1997 informiert das mehrmals im Jahr erscheinende Informationsheft, die "TG Info", Mitglieder und Freunde über Vereinsleben und auch über das jeweilige Trainings- und Kursangebot.
Das große vereinseigene Grundstück am traditionsreichen Ort Ecke Jahnstraße/Nordenstädter Straße mit zwei Hallen, vier Kegelbahen, Kraftraum und großer Gaststätte bringt viele Vorteile für Vereinsmitglieder und Kursteilnehmer. Darüberhinaus werden von einigen Abteilungen auch nicht-vereinseigene Sportstätten genutzt, wie z.B. die beiden großen Sporthallen am Wasserturm (Basketball und Handball) sowie das modernisierte Hochheimer Hallenbad (Schwimmen).
Der Verein wird von einem siebenköpfigen Präsidium ehrenamtlich geleitet. Zum Gesamtvorstand gehören die Abteilungsleiterinnen und - leiter. Alle zwei Jahre findet die Mitgliederversammlung statt.
Gründungsjahre
Gründer der Turngemeinde ist Georg Hofmann, der zuvor in Mainz mit einigen seiner Freunde an Turnstunden teilnahm. Obwohl die Gründung der TGH bereits 1845 war, ging das offizielle Ersuchen des Säckelwarts (Schatzmeister) erst 1847 an das "hochlöbliche herzogliche Amt" in Hochheim. Der dort ansässige Amtsmann erklärte allerdings, dass dem "Gesuch nicht zu willfahren sei". Dennoch genehmigte die Landesregierung im August 1847 den Antrag.
Die Turngemeinde war von Angang an demokratisch-republikanisch ausgerichtet und gehörte zum Demokratischen Turnerbund.
Vereinsleben im vorigen Jahrhundert
1870 hatte die Turngemeinde 24 Mitglieder. Die Turnstunden wurden äußerst streng durchgeführt. Maßnahmen, wie das Bezahlen von 3 Kreuzern bei einmaligem Fehlen bis hin zum Ausschluß beim dritten Fehlen, waren an der Tagesordnung.
Geturnt wurde in dieser Zeit auf dem Gelände am Weiher. Turngeräte waren der Turnbock, das Pferd und das Reck. Aber auch das Klettern am Seil wurde geübt. In den Wintermonaten mussten die Wirtschaften in der Umgebung als Turnlokal herhalten. Dies waren der "Weihergarten" (heute Gasthaus "Zur Traube") oder die "Burg Ehrenfels" (heute "Hochheimer Hof").
1895 feierte die TG ihr 50jähriges Vereinsjubiläum in Verbindung mit einem Gauvolksturnfest. Weitere Berichte zu dieser Zeit liegen leider nicht vor. 1897 fiel das Turnhäuschen mit allen Geräten der Brandstifung zum Opfer, so dass man gezwungen war, die Turnstunde für die inzwischen 135 Mitglieder ausfallen zu lassen.
1900-1918
Anfang des 20. Jahrhunderts planten die Turnväter der TG den Bau einer ordentlichen Turnhalle. Als erstes wurde das Gelände am Weiher gekauft, doch zunächst verpachtete man es einige Zeit. In den folgenden Jahren erlebte der Verein eine wirtschalftliche Blütezeit, sodass man beschloss, mit dem Bau der Halle 1914 zu beginnen. Dieses Vorhaben wurde durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges jedoch zunichte gemacht.
ab 1919
Im Mai 1919 unternahm die TG den Versuch, ihre Mitglieder wieder zusammen zubringen. 33 stimmberechtigte Mitglieder wählten Georg Hummel zu ihrem neuen Präsidenten. Bald schon konnte man wieder einen regelmäßigen Turnbetrieb anbieten. 1921 konnte der Turnwart dann die Anmeldung des 100 Turnschülers verkünden.
Über 10 Jahre nach dem geplanten Start konnte dann 1924 endlich mit dem Bau der Halle begonnen werden. Vom letzten Turnlokal, dem "Kaiserhof" zog man in die erste Turnhalle um. Doch diese konnte die große Anzahl der Mitglieder - 144 Turner, 61 Turnerinnen, 43 Zöglinge und 65 Schüler - kaum verkraften. Deshalb wurde sofort der Bau einer größeren Halle beschlossen und 1929 konnte die heutige "große Halle" festlich eingeweiht werden.
Anfänge des Schwimmsports
Ende des 19. Jahrhunderts gab es südlich der heutigen Kläranlange ein Strandbad am Main. Hier gründete sich unter der Leitung von Philipp Sack der erste Schwimmverein, der sich kurze Zeit später als Abteilung der Turngemeinde anschloss. Der Tod Philipp Sacks im Zweiten Weltkrieg bedeutete dann für lange Zeit das Aus der Schwimmabteilung.
Das Handballspiel
1924 wurde das Handballspiel als selbständige Abteilung übernommen. Als Gründer dieser Abteilung darf man Rolf Hanß, August Kaiser und Paul Gröning II erwähnen. Im Mai 2006 schloss sich die Abteilung mit der Handballabteilung eines Nachbarvereins zu einer Handballspielgemeinschaft (HSG) zusammen.
1933-1945
Bereits im Mai 1933 fand eine außerordentliche Generalversammlung statt zum alleinigen Zweck der "Gleichschaltung gemäß den Grundsätzen der Deutschen Turnerschaft". Später berichtete der damalige erste Vorsitzende "man habe sich bedingungslos dem Neuschöpfer des Deutschen Reiches unterstellt in einmütiger Begeisterung die Machtergreifung und die Errichtung des dritten Reiches begrüßt". Ab 1934 wurde aus dem Vorsitzenden der "Vereinsführer" und im laufe des Jahres folgte die erste Satzungsänderung, in der das Führerprinzip konsequent umgesetzt wurde. Im Dezember 1935 gab es erneut eine Satzungsänderung, der "Arierparagraph" wurde eingeführt. Vereinsmitglieder konnten so nur noch "unbescholtene Deutsche" werden. Doch neben all diesen politischen Beschlüssen und Handlungen ging der Sportbetrieb weiter.
1938 kann man den Protokollen entnehmen, dass die Begeisterung der Jahre 1933/34, die geprägt waren von begeisternden Reden und Lobeshymnen auf den Führer und Partei, nachließen. Weiter Einzelheiten aus dieser Zeit liegen uns nicht vor. Bekannt ist nur noch, dass die Alliierten nach Kriegsende den Sportbetrieb zunächst einmal verboten.
1945-1952
Nachdem ein Neuanfang durch die Alliierten erlaubt wurde, stellte sich heraus, dass wertvolle Geräte, Teile des Vereinsarchivs zerstört und das Mobiliar der Turnhalle abhanden gekommen waren. Nach der Währungsreform und einer wirtschaftlichen Stabilisierung des Vereines konnte schließlich die Turnhalle komplett neu renoviert werden. Dabei ging mit dem Bau einer Kegelbahn - dort wo heute der Geräteraum, die Behindertentoilette und Abstellräume sind - ein langersehnter Wunsch in Erfüllung.
Durch den Zweiten Weltkrieg waren viele Mitglieder verstorben oder durch ihre politische Tätigkeit belastet, sodass man sich 1952 zunächst der Jugendarbeit widmete.
Anfäge der Tischtennisabteilung
Tischtennis wird seid Beginn der Nachkriegsjahre gespielt. In der "Burg Ehrenfels" hüpfte der kleine Ball über die Platte. Getrieben durch den großen Zulauf traten die Spieler 1949 der Turngemeinde als Abteilung bei und waren somit die 3 Fachabteilung.
100jähriges Jubiläum
1950 kam es zur ersten ordnungsmäßigen Vorstandswahl, bei der Georg Preis Erster Vorsitzende wurde. Danach machte man sich an die Arbeit, dass 100jährige Vereinsjubiläum vorzubereiten, welches 1945 selbstverständlich nicht gefeiert wurde. Dieses wurde schließlich im Mai 1952 mit einen dreitägigen Fest nachgeholt.
Die Fünfziger
Nach der erforderlichen Satzungsänderung 1952 wurde in den folgenden Jahren in sportlicher Hinsicht das Fundament gelegt, wie es sich heute darstellt. Ein stetiger Mitgliederzuwachs ist zu verzeichnen. Viele heute bekannte Namen tauchten in dieser Zeit erstmalig auf. Hans Petry feierte Erfolge in der Handballabteilung und wird Schatzmeister, ein Amt, welches er bis 1999 ausübte. Günter Stichel wurde vom damaligen Vorstand bedacht für seine Verdienste um das Schülerturnen.
Neben den sportlichen Eroflgen gab es aber auch immer wieder lähmende Streitigkeiten unter den Vorstandsmitgliedern. Grund war die damals noch vom Verein selbst betriebene Gaststätte.
Neue Abteilungen
Nach dem Bau der Kegelbahn entwickelte sich Sportkegeln zu einer eigenständigen Aktivität und so wurde 1954 dem Antrag der Aktiven zugestimmt, Kegeln als Abteilung aufzunehmen. Und in den Protokollen vom Februar 1959 wird erstmalig der Fachwart für Leitathletik erwähnt.
Gymnastik und Turnen waren lange Zeit dasselbe. Auf Wunsch einiger Frauen wurde 1960 probeweise eine Gymnastikstunde abgehalten, die regen Anklang fand und im gleichen Jahr wurde der Entschluss gefasst, die Abteilung Gymnastik zu gründen.
Schwimmen war bereits eine eigene Abteilung, jedoch vom Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Dennoch wurde das Schwimmen immer gepflegt. Bereits 1947/48 gingen in Mainz einige Jugendliche unter Leitung von Franz Ruelius und Ilse Sommer schwimmen. Dies wurde in den 50er und 60er Jahren beibehalten. Ende der 60ziger Jahre, mit dem Bau des Hallenbades, gründete sich dann offiziell die Schwimmabteilung.
Im März 1963 gründet sich in Hochheim eine Versehrtensportgruppe, die 1964 mit ca. 20 Personen in die Turngemeinde aufgenommen wird. Seit Januar 2011 heißt die Abteilung "Behinderten- und Rehabilitationssport".
Horst Riedl erläuterte als Gast einer Vorstandsitzung im Mai 1968 seine Vorstellungen einer Judoabteilung. Der Vorstand beschloss, bei entsprechendem Interesse eine Abteilung einzurichten. Im März 1969 fand dann die Gründung der Abteilung statt.
Neben dem Zuwachs an Abteilungen gab es auch einen erfreulichen Mitgliederzuwachs. Die Zahl stieg von 619 in 1968 auf 843 an. Auch finanziell ging es dem Verein gut und man plante einen großen Neu- und Umbau der auf der Generalversammlung 1969 beschlossen wurde.
Die Siebziger
Zum 125jährigen Jubiläum 1970 wurde der Trungemeinde vom Deutschn Turnerbund offiziell bestätigt, dass sie der älteste Verein im MTK und im Turngau Süd-Nassau ist und der sechsälteste von Hessen. Trotz des "hohen Alters" begann man mit der größten Baumaßnahme in der Vereinsgeschichte. In drei Bauabschnitten wurde die kleine Halle an der Weiherstrasse gebaut, die Verbindung zwischen alter und neuer Halle, Umbau der Gaststätte und der Einbau neuer Kegelbahnen hergestellt und zum Abschluß die große Halle grundlegend renoviert.
Die Mitgliederzahlen schossen auf über 1200 und so entschloss man sich, den Abteilungen einen Aufnahmestopp freizustellen, da einige Übungsstunden überfüllt waren. Anfang 1975 lehnte man die Gründung der Basketballabteilung ab, weil man befürchtete von den ohnehin knappen Trainingszeiten noch einiges abgeben zu müssen.
Die zehnte Abteilung
Nach Fertigstellung der Sporthalle der Gesamtschule konnte sich im Frühjahr 1982 endlich die Basketballabteilung durch das starke Engagement von Markus Baier, Gunnar Bolle, Karsten Schnebel und Klaus Semmler konstituieren.
Das Nesthäckchen
Die jüngste Abteilungsgründung fand 1990 statt. Auf Grund der enorm gestiegenen Anfrage nach Tanzstunden wurde die Tanzsportabteilung gegründet. Die Abteilung erfreut sich gerade auch heute wieder wachsender Beliebtheit.
Organisatorische und technischen Veränderungen
Eines der größten Aufgabenfelder war die Anpassung der internen Vereinsstruktur an die veränderten Verhältnisse. Die Mitgliederzahl stieg weiter an und so beschloss man 1977 die grundsätzliche Einführung der EDV für die Mitglieder- und Beitragsverwaltung. Sie wurde zunächst extern erledigt, später aber auf dem vereinseigenen PC durchgeführt. Gleichzeitig mit der technischen Umstellung wurde die gesamte Finanzstruktur geändert. Es gab einen neuen Grundbeitrag, die Abteilungsbeträge wurden weitgehend abgeschafft. Damit waren die Reformen der TGH ersteinmal abgeschlossen und können sich in den nächsten Jahrzehnten bewähren bzw. haben sich bereits bewährt
2005 bis 2006 wurden die Vereinsimmobilie mit Unterstützung einer Vielzahl von ehrenamtlichen Helfern grundlegend saniert und modernisiert. Das Gebäude Ecke Jahnstraße/Nordenstädter Straße (kleine Sporthalle) erhielt dabei u.a. das weithin sichtbare charakteristische Blau des Vereins.
Quellen:
a) Festzeitschrift zum 150-jährigen Vereinsjubiläum 1995, Auszüge aus "Chronik der Turngemeinde Hochheim" von Georg Schäfer, seit 2009 Ehrenpräsident der Turngemeinde Hochheim am Main 1845 e.V.
b) Expose Sanierung Turnhallen, 17.02.2005, Georg Schäfer, seit 2009 Ehrenpräsident und Markus Klomann, ehem. Vizepräsident Administration
c) Beiträge vereinzelt aktualisiert von Manfred Rauh, Präsidiumsmitglied und Referent für Öffentlichkeitsarbeit, 17. Februar 2011